1.4 Die Regelkarte

1.4.1 Prozeßführung:

Ein Prozeß ist "unter Kontrolle" wenn alle systematischen Einflüsse abgestellt sind. Für den Qualitätsingenieur bedeutet dies:
s und x sind kalkulierbar

Die Prozeßregelung ermöglicht die Ausschaltung der systematischen Einflüsse, somit treten nur noch zufällige Einflüsse auf.

Ein Prozeß ist "statistisch unter Kontrolle", und somit voraussagbar hinsichtlich:
  • Qualität
  • Produktivität
  • Kosten
Um systematische Fehler festzustellen, bedient man sich der Prozeßregelkarten.

Prozeßregelkarten:

Prozeßregelkarten sind Hilfsmittel, um systematische Einflüsse festzustellen. Anschließend können diese Fehler abgestellt werden. Die Prozeßgüte ist somit vorhersagbar.
RK mit unterschiedlichem Verhalten

Aufgaben der Prozeßregelkarten:

Es gibt mehrere Typen von Prozeßregelkarten. Grundsätzlich haben sie die gleichen Aufgaben:
  1. zu verdeutlichen, ob sich der Prozeß unter statistischer Kontrolle befindet bzw. das Vorhandensein von systematischen Einflüssen zu signalisieren
  2. den Zustand "unter statistischer Kontrolle" zu halten
  3. Maßnahmen am Prozeß zur Verbesserung der Fähigkeit nachzuweisen

Kontinuierliche Vorgehensweise:

Prozeßregelung (-verbesserung) ist eine kontinuierliche Vorgehensweise, in dem die grundlegenden Phasen immer wieder wiederholt werden:
  • Datensammlung
  • Prozeßregelung
  • Fähigkeitsverbesserung

  1. Datensammlung:
    Zwei Arten von Daten
    • Variable Daten (messende Prüfung)
      Die Beurteilung der Ausführungsqualität erfolgt bei der variablen Prüfung aufgrund der Messergebnisse oder nach Kennzahlen die aus den Meßergebnissen berechnet werden.

    • Attributive Daten (zählende Prüfung)
      Die Beurteilung der Ausführungsqualität nach dem gut/schlecht - Prinzip

    Beispiel von Daten

    • Meßwerte eines Werkstückes
    • Anzahl Lackläufer auf einer Tür
    • Fahrzeugdurchlaufzeiten
    • Buchführungsfehler

    Diese Daten werden in eine graphische Form gebracht.

  2. Regeln:

    Berechnung der Eingriffgrenzen
    Eingriffgrenzen sind keine Spezifikationsgrenzen oder Zielvorstellungen, sondern ein Spiegelbild der natürlichen Prozeßsteuerung.

    Durch Vergleich der Daten mit den Eingriffgrenzen wird festgestellt, ob die Streuung stabil ist und nur durch Zufallseinflüsse verursacht wird.

    Liegen systematische Fehler vor:

    • Ursachenfindung
    • Ergreifen von Maßnahmen

    Liegen keine systematische Fehler vor, dann folgt: die Fähigkeitsverbesserung.

  3. Fähigkeitsverbesserung:

    Feststellen ob ein Prozeß fähig ist, d.h. kann man mit der Streuung der Daten (ohne systemetische Fehler) leben.
    Wenn nicht, dann muß das System verbessert werden (neue Maschinen, Klimaanlagen etc.) oder 100%-ige Kontrolle.

Nutzen von Regelkarten:

    • Einfaches Mittel zur Prozeßregelung
    • Voraussage der Qualität des Produktes, welcher durch den stabilen Prozeß unter statistischen Kontrolle gefertigt wird.
      Dies hat zur Folge:
      • Erhöhung des Anteils der Produkte, die die Erwartungen des Abnehmers erfüllen
      • Reduzierung von Ausschuß oder Nacharbeit
      • Erhöhung der (Effektivität) effektiven Kapazität
    • Gemeinsame Diskussionsbasis über Güte eines Prozesses, im Betrieb bzw. zwischen Lieferant, Kunde und Erzeuger
    • keine fehlgeleiteten Problemslösungsbemühungen

Vorbereitung zur Einführung:

    • Schaffung des Arbeitsumfeldes
      • ausreichende Qualifikation des Mitarbeiters
      • Qualitätsgedanken geht vor Quantitätsgedanke (Aushängen der Reklamationsrate etc.)
      • Förderung von Verbesserungsmaßnahmen
    • Verstehen des (Fertigungs-) Prozesses
    • Bestimmung der Qualitätsmerkmale
    • Definition des Meßsystems
    • Reduzierung unnötiger Streuung z.B. bekanntes Eingangsmaterial verwenden

Bei der Auswahl vom Meßsystem und von den Merkmale sollen noch folgende Punkte beachtet werden:

    • Bedürfnisse des Arbeitnehmers
    • Vorhanden sein und mögliche Problembereiche definieren
    • Korrelation der Meßdaten
Dabei soll man sich auf diejenige Merkmale konzentrieren, die für eine Prozeßverbesserung vielversprechend sind.

Das Meßinstrument:

Das Meßinstrument soll präzise sein bezüglich Genauigkeit und Wiederholbarkeit.

Die verschiedenen Karten

Die Stichprobenergebnisse, die in die QRK eingetragen werden, können ( bei einem konstanten Stichprobenumfang n) sind:
  • Anzahl fehlerhafter Einheiten
  • Anzahl von Fehlern
  • Urwert
  • Mittelwert
  • Median
  • Standardabweichung
  • Spannweite
  • oder andere Merkmale

Prozeßparameter müssen bekannt sein

Zur Festlegung der Karte müssen die Prozeßparameter bzw. Kennwerte bekannt sein. sie werden üblicherweise durch Auswertung einer längeren Fertigungslauf geschätzt. Erst mit diesen geschätzten Werten kann man die Karte festgelegen d.h. z.B. Mittelwert und obere und untere Eingriffsgrenze eintragen.

Unterschiede zwischen Europa und USA

In beiden Kontinenten wird meist die Shewhart-Karte verwendet
Unterschied ist jedoch, die Lage der Eingriffsgrenzen:
Eingriffsgrenzen sind keine Toleranzgrenzen Die Obere- und Untere-Eingriffsgrenze (OEG und UEG) ist eine Grenze bei deren Über- oder Unterschreitung eine Korrektur des Prozesses oder Klärung der Ursache erfolgen muß.

Diese Grenze wir nur nach statistischen Kriterien festgelegt. Ein Kriterium ist die statistische Sicherheit.

Obere- und Untere-Eingriffgrenze

Die obere und untere Eingriffgrenze sind Grenzen bei deren Über- oder Unterschreitung durch Istwerte eine Korrektur des Prozesses oder/und eine Klärung der Ursache für die Änderung des Prozesses nötig ist. Diese Grenze wird nach gewissen Kriterien festgelegt. Ein Kriterium wird nach gewissen Kriterien festgelegt. Ein Kriterium ist die statistische Sicherheit.

Irrtumswahrscheinlichkeit (a):

Man legt eine Irrtumswahrscheinlichkeit oder statistische Sicherheit fest. In Europa wählt man als Irrtumswahrscheinlichkeit 1%, d.h. mit nur 1% besteht die Möglichkeit, daß wenn ein Istwert außerhalb der Grenze liegt, der Prozeß trotzdem stabil war. In den USA (Q101 von Ford) wählt man ca. 1,4%. Außerdem wird in der Q101 die Kennwerte mit der Spannweite R berechnet. Zunächst wird die Regelkarte nach Q101 erklärt. Prinzipiell gibt es keine Unterschiede. Anschließend wird die Theorie der Regelkarte erklärt mit Hilfe der Standardabweichung und mit a=1%.


Regelkarte mit systematischer Mittelwertänderung

X quer/R-Karte:

Bestimmung von X quer (Mittelwert) und R (Spannweite) aus einer Stichprobe. Diese Daten werden zunächst benutzt zur Abschätzung einer Grundgesamtheit.

Wahl, Häufigkeit und Anzahl der Stichproben:

Die Wirtschaftlichkeit der Regelkarte ist von der Stichprobe abhängig.
Die Stichprobe sollte so gewählt werden, daß:
  • die Streuung zwischen den Teilen innerhalb einer Probe klein ist.
  • Streuung jedoch noch sichtbar ist, damit Abweichungen zwischen den verschiedenen Stichprobenaufnahmen noch interpretierbar sind.
Anfangsstichprobe: n = 5 Stück (Stichprobenumfang)

Die Häufigkeit sollte so gewählt werden, daß Änderungen des Prozesses (Schichtwechsel, Materiallose, ect.) noch erfasst werden.

Die Anzahl der Stichprobe soll groß sein (>20).

Berechnung des Mittelwerts X quer und R jeder Probe:

x quer = (x1 + x2 ... + x n)/n Mittelwert der Stichproben, z.B. der 5 Teile
R = x quer max - x quer min von den 5 Teilen aus Bsp.: 1,2,3,4,5 => 5-1 = R = 4

Berechnung der Eingriffsgrenzen nach Vorlauf

Nach dem Vorlauf (im Beispiel z.B. 25 Stichproben) wird x quer quer und x quer querberechnet.
Prozessmittelwert: x zweiquer = (x1quer + x2quer ... + Xquer m)/m m = Anzahl der Stichproben
mittlere Spannweite: R quer = (R1 + R2 + ... + Rm)/m  
Eingriffsgrenzen: OEGXquer, UEGXquer, OEGR, UEGR A2, D3 und D4 sind statisch berechnete Werte, mit einer Sicherheit von 99,37% (± 3s). Sie können aus Tabellen entnommen werden, Sie sind abhängig von der Anzahl der Stichproben! Steht oft auf Regelkarte! (Kommen von der Gaußschen Normalverteilung)
Nachdem die Eingriffsgrenzen und der Mittelwert eingetragen sind, muß die QRK interpretiert werden. Dies erfolgt in der Fertigung während des Prozesses.


Regelkarte

Interpretation der Spannwertkarte

    • Punkt außerhalb der Eingriffsgrenze

      Annahme: Systematischer Fehler liegt vor
      Aktion: Sofortige Untersuchung des Prozesses
    • Spezielle Kurvenverläufe innerhalb der Eingriffsgrenzen
      R steigt -> Streuung nimmt zu
      R abnehmend -> Streuung nimmt ab

      Aktion: 7 Punkte nacheinander auf einer Seite des Mittelwertes
        7 Punkte, die ein stetig steigendes Intervall bilden

Abstand der Punkte von x quer quer

    • 2/3 im mittleren Drittel des Bereichs zwischen den Eingriffsgrenzen
    • 1/3 in den äußeren Bereichen

wenn nicht

    • Eingriffsgrenzen falsch berechnet
    • Meßwert von unterschiedlichen Fertigungslinien
    • Datenmanipulation
Unterschiedliche Fertigungslinien, Stationen und Maschinen getrennt überwachen.

Im Fall einer Neuberechnung der Prozeßfähigkeit nach Auffinden bzw. Ausschalten von systematischen Fehlern müssen die Eingriffsgrenzen auch neu berechnet werden.

Analyse der Mittelwerte:

Eingreifen wenn:

    • Punkte außerhalb der Eingriffgrenzen
    • Spezielle Kurvenverläufe innerhalb der Eingriffgrenzen (7-Punkte-Regel d.h. wenn 7 Punkte in einer Bandbreite <1/3 der Bandbreite OEG-UEG liegen)

Mögliche Ursachen:

    • Prozeßmittelwert ändert sich
    • Meßsystem hat sich geändert
    • Eingriffsgrenzen falsch berechnet
    • Stichproben enthalten Meßwerte von 2 unterschiedlichen Fertigungslinien
    • Daten sind geschönt worden

Konstanten für die Berechnung der Eingriffgrenzen

Die Faktoren für die Eingriffgrenzen basieren auf einer statistischen Sicherheit von 99,73%
n A2 d2 D3 D4 A3 c4 B3 B4 x quer quer
2 1,880 1,128 - 3,267 2,659 0,7979 - 3,267 1,880
3 1,023 1,693 - 2,574 1,954 0,8862 - 2,568 1,187
4 0,729 2,059 - 2,282 1,628 0,9213 - 2,266 0,796
5 0,577 2,326 - 2,114 1,427 0,9400 - 2,089 0,691
&nbsp
6 0,483 2,534 - 2,004 1,287 0,9515 0,030 1,970 0,548
7 0,419 2,704 0,076 1,924 1,182 0,9594 0,118 1,882 0,508
8 0,373 2,847 0,136 1,864 1,099 0,9650 0,185 1,815 0,433
9 0,337 2,970 0,184 1,816 1,032 0,9693 0,239 1,761 0,412
10 0,308 3,078 0,223 1,777 0,975 0,9727 0,284 1,716 0,362
&nbsp
11 0,285 3,173 0,256 1,744 0,927 0,9754 0,321 1,679 -
12 0,266 3,258 0,283 1,717 0,886 0,9776 0,354 1,646 -
13 0,249 3,336 0,307 1,693 0,850 0,9794 0,382 1,618 -
14 0,235 3,407 0,328 1,672 0,817 0,9810 0,406 1,594 -
15 0,223 3,472 0,347 1,653 0,789 0,9823 0,428 1,572 -
&nbsp
16 0,212 3,532 0,363 1,637 0,763 0,9835 0,448 1552 -
17 0,203 3,588 0,378 1,622 0,739 0,9845 0,466 1,534 -
18 0,194 3,640 0,391 1,608 0,718 0,9854 0,482 1,518 -
19 0,187 3,689 0,403 1,597 0,698 0,9862 0,497 1,503 -
20 0,180 3,735 0,415 1,585 0,680 0,9869 0,510 1,490 -
&nbsp
21 0,173 3,778 0,425 1,575 0,663 0,9876 0,523 1,477 -
22 0,167 3,819 0,434 1,566 0,647 0,9882 0,534 1,466 -
23 0,162 3,858 0,443 1,557 0,633 0,9887 0,545 1,455 -
24 0,157 3,895 0,451 1,548 0,619 0,9892 0,555 1,445 -
25 0,153 3,931 0,459 1,541 0,606 0,9896 0,565 1,435 -

Interpretation der QRK:

ungestoerter Prozess
ungestoerter Prozess
ungestoerter Prozess
ungestoerter Prozess
ungestoerter Prozess

Prozeß mit systematischer Mittelwertänderung:

Beispiel:

  1. Werkzeugverschleiß
  2. Temperaturerhöhung vom Kühlmedium

Berechnung der beobachten Mittelwertes:

ungestoerter Prozess  
ungestoerter Prozess => ungestoerter Prozess &nbsp &nbsp ungestoerter Prozess
Moving Mean: ungestoerter Prozess
Mittelwertverschiebung

Über die letzten 3 Werkzeugzyklen definieren wir einen AMM (Average Moving Mean)

ungestoerter Prozess ungestoerter Prozess
Berechnung der Grenzen: ungestoerter Prozess
Berechnung: => ungestoerter Prozess &nbsp ; &nbsp ungestoerter Prozess &nbsp ; &nbsp ungestoerter Prozess
ungestoerter Prozess

x quer/s - Karten:

Berechnung der Stichprobenstandardabweichung

Formel s =


Berechnung der Eingriffgrenzen

Formel OEG s

Formel UEG s

Formel OEG x quer

Formel UEG x quer

x Tilde/R - Karten:

Der Median Wert ist der mittlere Wert aus einer der Größe nach geordneten Meßreihe.

Berechnung der Eingriffgrenzen
ungerader Sichprobenumfang: x Tilde ist mittlerer Wert
gerader Stichprobenumfang: x Tilde ist das arithmtische Mittel aus den beiden mittleren Werten