Materialflussanalyse

Durch eine Materialflussanalyse soll die Transportleistung eines intralogistischen Systems ermittelt und dargestellt werden.

Gründe für eine Materialflussanalyse können sein:

  • Schwachstellen-Analyse des bestehenden Transport-/Wegesystems,
  • Erweiterungs- oder Neuinvestition von Anlagen/Gebäuden,
  • Ermittelung und/oder Optimierung von Pumpleistungen.

Die Transportleistung kann sowohl die Leistung von Transporten durch Flurförderfahrzeuge (Gabelstapler, fahrerlose Transportsystem), Fördersystemen (Rollen- bzw. Förderbänder), Rohrsysteme oder von Fußwege umfassen.

Aus der Definition des Leistungsbegriffes heraus wird ersichtlich, dass die Materialflussanalyse auf eine Zeitspanne bezogen ist. Diese Zeitspanne wird definiert durch den Zeitraum auf den sich die Basisdaten beziehen. Die Basisdaten müssen in sich konsistent sein, sowohl was den Zeitraum als auch den Bezug aufeinander angeht. Sind die Basisdaten nicht zu 100% konsistent sondern nur zu 90% so ist die Validität des Ergebnisses meist unter 70%.

Aus den oben beschriebenen unterschiedlichen Arten von Transportsystemen bedingen sich grundlegend auch die zwei unterschiedlichen Maßgrößen der Transportleistung, Tonnenkilometer (tkm) und Kubikmeter (m³). Beim Transport von dinglichen Gütern wird meist die Maßgröße Tonnenkilometer (tkm) gewählt, während bei fluiden Medien als Maßgröße Kubikmeter (m³) Verwendung findet.

 

IST- und SOLL-Analyse

Durch eine IST-Analyse kann eine Bezugsgröße für die Bewertung von möglichen Verbesserungskonzepten determiniert und/oder kritische Punkte/Schwachstellen ermittelt werden.

Im Weiteren wird davon ausgegangen, dass eine Produktion von Sachgütern (mechanischen Werkstücken) vorliegt.

In diesem Fall sollten mindestens folgende Daten vorliegen:

  • Mengengerüst der zu produzierenden Bauteile mit Projektbezug
    Projekt-Stücklisten inkl. Fertiggewicht der Bauteile
  • Ablauf der Fertigung für jedes Bauteil
    Arbeitsplan
  • Standort aller relevanten Prozessstandorten (Maschinen, Lagerorte, Wareneingang, Versand, …)
    Lageplan

Optional können in die Betrachtung mit eingebunden werden:

  • für jeden Prozessschritt des Bauteils können Anfangs- und Endgewichte definiert werden.
    Dies kann z.B. relevant sein für ein Entsorgungskonzept oder Auslegung von Förderbändern.
  • die explizite Definition von Lagerorten für Rohmaterial.
    Wenn dieses nicht gegeben ist, muss über eine entsprechende Logik eine Matrix erstellt werden. Diese Matrix muss Bauteileigenschaften entsprechenden Lagerorte zuordnen.
  • die expliziter Lagerorte für das Fertigmaterial.
    Wie beim Rohmaterial kann falls dies nicht vorliegt über eine Matrix eine Logik erstellt werden.
  • Einbindung von Fremdarbeitsgängen, wie Härten, Glühen, …
    Diese Arbeitsgänge sind im Arbeitsplan einzuplanen. Allerdings erfolgt der physische Transport zum externen Dienstleister grundlegend außerhalb des Betrachtungsraumen. Bei dem Transport durch ein Transportunternehmen handelt es sich um ein interlogisches Betrachtungsweise und ist somit außerhalb des Betrachtungsrahmens der Materialflussanalyse. Aus diesem Grund ist hierfür ein Sonderablauf vorzusehen (siehe auch Anmerkung Sonderprozesse).
  • kalendarisierte Bedarfe
    Wenn die Bedarfe starken Schwankungen unterworfen sind, z.B. Weihnachtsgeschäft, ist eine Kalendarisierung/Saisonalisierung für die Daten des Mengengerüstes angebracht.

Das Ergebnis der IST-Analyse kann in verschiedenen Formen dargestellt werden:

  • grafisch Darstellung durch ein Sankey-Diagramm

    Basis für das Diagramm stellt der Lageplan dar.

    Es werden die Verbindungen zwischen den Prozessorten (z.B. Maschinen) dargestellt. Die Dicke der Verbindungslinien korreliert mit der Transportleistung. Hierdurch kann die Komplexität des Transportsystems visualisiert und unter Umständen auch die Hauptströme hervorgehoben werden.

    Durch das verwenden von Stützstellen zwischen den Prozessorten kann eine höhere Realitätsnähe (natürlicher Weg ) bezüglich der Wege erreicht werden. Dies kann die Verständlichkeit des Diagramms erhöhen. Stützstellen haben allerdings keinen Einfluss auf die Güte der Materialflußanalyse, sind also nice to have.

    Ein Sankey-Diagramm kann allerdings nur bedingt für die Analyse oder Optimierung eingesetzt werden, so dass es mehr Anwendung in Managementpräsentation findet.

  • tabellarische Darstellung

    Für die Analyse und Bestimmung von Optimierungsmöglichkeiten ist die tabellarische Darstellung wesentlich besser geeignet. Eine Sortierung der Materialflüsse ist angebracht damit z.B. nach dem Pareto-Prinzip, die Transportwege analysiert werden können, welche summarisch 80% der gesamten Transportleistung ausmachen.

    Für die Analyse von Schwachstellen bzw. Engpässen werden die einzelnen Transportwege betrachtet und entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung des Materialflusses abgeleitet.

    Für die Optimierung eines Transportsystems (z.B. Lagerortplanung) müssen die Abstände, zwischen den Prozessorten (Quelle/Senke), versucht werden zu minimieren. Vorsicht: es können Interdependenzen zu anderen Prozessorten bestehen was eine Minimierung beeinflusst oder erschwert.

    Werden fluide Medien betrachtet, kann durch die IST-Analyse die notwendigen Pumpleistungen (Volumenströme) bestimmt werden. Durch eine Verkürzung der Abstände zwischen den Prozesstandorten kann eine Reduzierung der Leistung und somit nicht nur der Investitionsbedarf sondern auch die laufenden Kosten (z.B. Stromkosten) gesenkt werden.

SOLL-Analyse die Konzeptbewertung

Für die Bewertung von Konzepten werden innerhalb der SOLL-Analyse die verschiedene Varianten der IST-Analyse gegenüber gestellt.

Wichtig hierbei ist, dass das Mengengerüst sowohl bei der IST- als auch der SOLL - Analyse identisch bleibt. Veränderung in Bezug zu der IST-Analyse dürfen nur die Ablaufdaten sowie die Standorte der Prozesse erfahren.

Wird diese Grundregel nicht eingehalten ist eine gegenüberstellen der IST-Analyse zur SOLL-Analyse nicht sinnvoll (und methodisch falsch).

Verändert sich das Mengengerüst bei der SOLL-Analyse, so können nur die einzelnen Varianten innerhalb der SOLL-Analyse verglichen werden. Dies aber zu dem Preis, des Verlustes der Referenz zum IST (aktueller Stand).

Eine Möglichkeit zur Ermittlung der optimalen Anordnung von Prozessorten, kann mit der Vogel-Approximation erlangt werden.

 

Abschließende Anmerkungen

Die Materialflussanalyse basiert grundlegend auf einem Modell. Die Mindestdaten sind wie oben erwähnt das Mengengerüst, der Ablaufplan und der Lageplan. Ein Modell soll die Abbildung der Realität ermöglichen. Je mehr zusätzliche Informationen (optionale Daten) in das Modell hinein geben werden, desto näher kommt das Modell der Realität. Der Preis für die erhöhte Realitätstreue bezahlt man durch einen deutlichen Anstieg der Komplexität des Modells sowie erhöhte Rechenzeiten für die Auswertung.

Wohl bedacht sollte der Einsatz von Sonderabläufen sein. Dies ist z.B. gegeben, wenn im Arbeitsplan ein Prozessschritt „Härten des Bauteils“ geplant ist. Dieser Prozessschritt soll nicht von dem betrachten Unternehmen selbst durchgeführt werden, sondern durch einen Dritten. Es ist ein Sonderablauf notwendig. Dieser kann z.B. wie folgt aussehen. Kontrolliere das Bauteil (vor der Auswärtsbearbeitung/Härten), transportieren des Bauteils zum Versand, ein Logistikunternehmen bringt das Bauteil zum Dienstleister und wieder zurück, das Bauteil wird im Wareneingang vereinnahmt, eine Eingangsprüfung wird durchgeführt und ins Zwischenlager transportiert. Es handelt sich hier um einen noch einfachen Fall eines Sonderablaufes, da der Start, mit dem Härten (Auswärtsbearbeitung) eindeutig ist. Sehr viel schwieriger ist es wenn der Start von einem vorgelagerten bzw. nachgelagerten Arbeitsgang abhängig ist, z.B. mache einen Prozess immer dann wenn der Arbeitsgang X nach Y kommt.

Zur Validierung / Prüfung des Modells, ob die Berechnung der Flüsse vollständig erfasst wurde, kann der aus der Elektrotechnik bekannten Ansatz der Flussgleichheit (1. Kirchhoffsches Gesetz) angewendet werden. Dies bedeutet, dass die Flüsse welche in einen Prozessschritt hineingehen (Senke) gleich sein müssen (betragsmäßig) denen die aus dem Prozessschritt hinausgehen (Quelle).

 

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